Sind 36 Monate mehr als drei Jahre? Zahlen verwirren Konsumenten
15.02.2011, 13:47 UhrEs ist die Crux mit den Zahlen. Niederländische Forscher weisen in einer Untersuchung das Phänomen nach, dass Kunden eher zu der Waschmaschine greifen, deren Garantieleistung in Monaten statt in Jahren angegeben wird - obwohl beide Zeiträume identisch sind. Offenbar gilt hier das unbewusste Prinzip: Je größer die Zahl, desto mehr hat man davon.

Wenn die Garantie eines Gerätes in Monaten angegeben wird, haben Verbraucher mehr davon - glauben sie unterbewusst.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
"Würden sie bei einer Kaufentscheidung einen Geschirrspüler bevorzugen, dessen Garantie in Monaten statt in Jahren angegeben ist?" Das ist die grundlegende Frage, die niederländische Wissenschaftler dazu bewog, ein weit verbreitetes Phänomen zu untersuchen: Verbraucher haben oft einen verzerrten Blick, wenn sie Informationen vergleichen, die Nummern beinhalten. Eine Studie der Forscher belegt diese Beobachtung. Sie erschien im "Journal of Consumer Research".
Für die meisten Verbraucher lautet die Antwort auf die Frage "Ja". Denn der Unterschied zwischen einer 84- und einer 108-monatigen Gewährleistung wirkt viel größer als der Unterschied zwischen einer sieben- und einer neunjährigen Garantie. Obwohl - nüchtern betrachtet - beide Differenzen den gleichen Zeitraum beschreiben.
"Eine qualitative Information kann normalerweise in unterschiedlichen Maßeinheiten ausgedrückt werden", schreiben die Autoren der Studie. "In vielen Fällen ist die Einheit, in der eine Information ausgedrückt wird, jedoch willkürlich und unbegründet gewählt." Als Beispiel führen sie eine Bewertungs-Skala für Produkte an. Die Qualität von Produkten könne man etwa auf einer Skala von eins bis zehn oder auf einer Skala von eins bis 100 bewerten. "Normalerweise rufen sich die Leute nicht ins Bewusstsein, dass diese Einheiten willkürlich gewählt sind. Sie konzentrieren sich auf die Anzahl der Einheiten einer Skala, die wiederum eine gewisse Differenz ausdrücken."
Und was kommt dabei heraus? Höhere Zahlen scheinen auch höhere Mengen zu repräsentieren. Auf den ersten Blick ist der Unterschied zwischen 90 und 95 Punkten aus 100 größer als der zwischen 9 und 9,5 aus 10. Die Forscher bezeichnen dies als "unit effect" – "Effekt der Einheiten".
Auch "positive Manipulation" möglich
In einer weiteren Studie stellen die Forscher schließlich fest, dass dieser "unit effect" etwa dazu dienen kann, Verbraucher zu einer gesünderen Ernährung zu ermuntern. In einem Experiment wurde Probanden vor die Wahl gestellt: Sie mussten sich zwischen einem kostenlosen Apfel und einem Gratis-Schokoriegel entscheiden.
Der Energiegehalt wurde entweder in Kilojoule angegeben (247 für den Apfel, 1029 für den Schokoriegel) oder in Kilokalorien (59 für den Apfel, 246 für den Schokoriegel). "Die Probanden wählten deutlich häufiger den Apfel, wenn der Energiegehalt in Kilojoule angegeben war. Die Differenz erschien dann viel größer (782 Kilojoule) als bei der Kilokalorien-Angabe (189 kcal)", schlussfolgern die Wissenschaftler.
Ist es aber wirklich so einfach, Verbraucher hinters Licht zu führen? Offenbar schon – setzt man voraus, dass viele Konsumenten den Kopf beim Einkaufen abschalten. Doch die Niederländer fanden noch etwas heraus, das Hoffnung macht. Das Phänomen ließ sich dann nicht mehr beobachten, wenn die Probanden sehr aufmerksam die jeweiligen Informationen betrachteten. Oder wenn man sie auf den willkürlichen Charakter der Einheit, in der die Information ausgedrückt wurde, hinwies. Wer also mit Köpfchen konsumiert und einkauft, kann aufatmen.
Quelle: ntv.de, fma