Praxistest

Ssang Yong Actyon Sports im Test Lieber nicht zu viel Last wagen

Vom Modell Actyon Sports erwartet  Ssang Yong mehr.

Vom Modell Actyon Sports erwartet Ssang Yong mehr.

(Foto: Ssang Yong)

Nach einer Pause von knapp zwei Jahren ist die koreanische Marke Ssang Yong wieder auf dem deutschen Markt vertreten. Den Namen des verunglückten SUV-Coupés Actyon trägt jetzt ein Pick Up mit dem Zusatz "Sports". Was der Neuling im derzeit so angesagten Segment kann, klärte der n-tv.de-Praxistest.

Der "Sports"-Zusatz im Namen soll zu einem aktiven Lebensstil einladen

Der "Sports"-Zusatz im Namen soll zu einem aktiven Lebensstil einladen

(Foto: Ssang Yong)

Eine Qualität kann man der koreanischen Marke Ssang Yong nicht absprechen: Sie hat schon einige verdienstvolle Beiträge für die in verschiedenen Websites geführten Listen "der hässlichsten Automobile der Welt" geleistet. Umso erstaunlicher, dass ein aktuelles Kompakt-SUV, der Korando, inzwischen smarter und gefälliger aussieht als so mancher Wettbewerber aus dem südostasiatischen Land. Erkennbare Verwandtschaft, zumindest was die Frontgestaltung angeht, mit dem Korando hat der Pick Up Actyon Sports. Kann der mit den Konkurrenten aus Thailand (Ford, Mazda) und Japan (Toyota, Nissan, Mitsubishi) mithalten?

Als Hersteller ist Ssang Yong mit indischer Hilfe zuletzt den gröbsten Schwierigkeiten entronnen. Nach der Übernahme der Mehrheit durch den Mahindra-Konzern herrscht wieder Bewegungsfreiheit. Bis 2015 will die koreanische Marke in Deutschland 3000 Fahrzeuge per anno absetzen. Ein Fünfmeter-Laster unter 20.000 Euro – geht das überhaupt? Mit einem Kampfpreis von 19.990 Euro versucht Ssang Yong, Kunden für den Pick Up zu gewinnen. Freilich sind für diese Summe nur eine Einzelkabine und Heckantrieb sowie sparsamste Innenausstattung zu bekommen. Dieser Test bewegte einen seriös ausgestatteten Mehrzwecktransporter mit fünf Sitzen und Allradantrieb.

Verzicht auf wuchtigen Auftritt

Während manche Wettbewerber mit einer betont wuchtig gestalteten Front und muskulös ausgewölbten Radhäusern daherkommen, setzt der Actyon Sports auf Zurückhaltung. Kein Imponiergehabe, kein hoch aufragender Grill, keine Trittbretter – dafür eine fein modellierte Sicke, die nach hinten ansteigt und die tatsächlich vorhandene höhere Bodenfreiheit an der Hinterachse optisch unterstreicht. Bei der Gestaltung der fünfsitzigen Kabine führte der Wunsch nach vertrautem Pkw-Ambiente die Hand: Die Mittelkonsole schmiegt sich um den Fahrersitz und das Lenkrad ist stark zum Bediener des Fahrzeugs geneigt. Leider ist es nicht in der Horizontalen verstellbar, was eine gute Chance gewesen wäre, sich positiv von anderen Pick Ups zu unterscheiden.

In der gefällig gestalteten Kabine ist der Fahrer nicht sicher vor Überraschungen.

In der gefällig gestalteten Kabine ist der Fahrer nicht sicher vor Überraschungen.

(Foto: Axel F. Busse)

Mancher mag die Nase rümpfen, wenn er erstmals die Ausdünstungen der Plastik-Verkleidungen schnuppert. Nicht zu bestreiten ist aber, dass die Ausstattungslinie Sapphire eine Reihe nützlicher und sinnvoller Extras ab Werk mitbringt: Berganfahrassistent, Bremsassistent, elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, Nebelscheinwerfer, Einparkhilfe, Alufelgen, Klimaautomatik, Traktionskontrolle und Multifunktionslenkrad. An den hinteren äußeren Sitzlehnen ließe sich mit ein paar Cent für eine Halteklemme der angenehme Effekt erzielen, dass auf unebener Fahrbahn die metallene Gurtöse am Klappern gehindert wird.

Die Polster der (beim Sapphire) lederbezogenen Sportsitze sind gut konturiert, so dass sie robusten Seitenhalt geben und auch die Kopfstützen der Rückbank sind beweglich. Nicht einmal auf die Beheizung der Sitzfläche muss man im Winter verzichten, doch da fängt es an mit den kleinen Schwächen, die hier und da eine während der Konstruktionsphase zu geringe Beschäftigung mit der Praxis der Nutzer zu offenbaren scheinen. Gewöhnlich sind Tasten für die Sitzheizung waagerecht angebracht, so dass die logische Unterscheidung zwischen den Sitzen "links" und "rechts" in allen Kultur- und Sprachkreisen möglich ist. Im Ssang Yong sind sie untereinander platziert und prompt wurden offenkundig bei der Endmontage die Kappen der Taster verwechselt, weshalb der mit "R" gekennzeichnete Knopf die Erwärmung des Fahrersitzes auslöst. Dass in Südkorea einst Linksverkehr herrschte, kann wohl kaum die Ursache sein.

Deftiger Diesel mit Durchzug

Der Hang zum Vertikalen hat auch die Digitaluhr in der Mitte der Konsole erfasst, was der Lesbarkeit überhaupt nicht dienlich ist. Lästiger aber ist der Erinnerungston für den Sicherheitsgurt, der schon im Stillstand und vor dem Starten des Motors ertönt, wenn nun wirklich keine Gefahr besteht. Dafür wurde die Belegungserkennung auf dem Beifahrersitz gänzlich weggelassen.

Die Nutzlast beträgt nur 630 Kilogramm, aber fürs Kaminholz wird's reichen.

Die Nutzlast beträgt nur 630 Kilogramm, aber fürs Kaminholz wird's reichen.

(Foto: Axel F. Busse)

Der Zweiliter-Diesel ist die einzige verfügbare Motorisierung. Er kann mit einem manuellen oder mit einem 6-Gang-Automatikgetriebe kombiniert werden. Die Umschaltung von Hinterrad- auf Allradantrieb erfolgt elektronisch per Drehknopf. Am selben Schalter wird auch die Getriebeuntersetzung aktiviert, die gebraucht wird, wenn's mal richtig steil oder rutschig ist. Obwohl ein maximales Drehmoment von 360 Newtonmetern nicht besonders groß ist und auch von manchen Motoren in der Kompaktklasse erreicht wird, zieht der Actyon gut an und dreht mühelos hoch. Schon ab 1500 Umdrehungen ist die volle Durchzugskraft abrufbar. Die Automatik arbeitet unauffällig, schaltet früh genug hoch, ruckelt nicht und ist im Sapphire sogar durch Drucktasten am Lenkrad manuell bedienbar. Der Motor geht dabei vergleichsweise dezent zu Werke, eine ungeschlachte Lkw-Attitüde ist ihm fremd.

"Lastwagen" steht aber in der Zulassung und da darf, was die Fähigkeit zum Transport von Gütern angeht, einiges erwartet werden. Diese werden nicht erfüllt, obwohl die Ladefläche 123 Zentimeter tief und mit robustem PVC-Belag ausgekleidet ist, so wie man es von anderen Pick Ups kennt. Andere Pick Ups tragen aber eine Tonne Nutzlast oder sogar noch drei bis vier Zentner mehr, der Ssang Yong mit der Doppelkabine muss ab 630 Kilogramm passen. Das ist insofern dürftig, als sogar in den meisten VW Passat eine höhere Zuladung erlaubt ist. "Last wagen" im wörtlichen Sinne kann man damit also nicht, wenngleich es natürlich zum Transport des Kaminholzes oder der Zementsäcke für den Garagenanbau reicht.

Rustikaler Fahrkomfort

Hat man vor der nervenden Sirene kapituliert, sich angeschnallt und ist losgefahren, wird einem bald die wenig feinfühlige und noch weniger präzise Lenkung auffallen. Um die Mittellage kann man mit dem Volant munter hin und her wedeln, ohne dass es einen Einfluss auf die Fahrtrichtung hätte. Das ist so lange kein Problem, wie man daran gewöhnt ist und ordentlich kurbelt, um die nächste Kehre zu nehmen. Beim Einparken ist es eher störend, immerhin sind dreidreiviertel Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag nötig. Das fünf Meter lange Gefährt sicher in der Lücke zu platzieren, hilft dankenswerter Weise ein Abstandsradar. Hätte es doch nur ein ähnlich auffälliges Signal wie die Gurt-Erinnerung. Stattdessen piepst es schüchtern vor sich hin.

Nicht schüchtern, aber sparsam ist die Ausstattung mit Kontrollleuchten. Für Tagfahr- und Abblendlicht gibt es nur eine gemeinsame grüne Kontrollleuchte im Cockpit. In den langen Dämmerungs-, Nebel- oder Niederschlagsphasen des Winterhalbjahres kann es deshalb leicht passieren, dass man unbemerkt nur mit Tagfahrlicht unterwegs ist, wenn eigentlich der Scheinwerfer angesagt wäre. Einen Lichtsensor, der eine automatische Aktivierung der Leuchtquellen steuern könnte, gibt es nicht.

Der Fahrkomfort ist nüchtern und rustikal. Es ist geeignet, die Zweifel am Lastwagen-Status wieder zu zerstreuen. Dass Ssang Yong die Ladeklappe leichter konstruiert hat, als bei vielen Pick Ups wegen der geringen Hinterachslast üblich, begrüßt jeder, der zum Beladen mit ihr hantieren muss. Außerdem ist die Ladefläche mit nur 77 Zentimetern flacher als bei manchem Pkw. Dass die Zentralverriegelung diese Klappe mit erfasst, soll ebenfalls lobend erwähnt werden. Aber damit, dass die Hinterachse auf holperigem Geläuf auch gern mal ein paar Freuden-Hüpfer hinlegt, muss man sich erst einmal arrangieren.

Zu den positiven Merkmalen gehört, dass außer einer Audio-Anlage mit USB-Zugang und elektrisch verstellbaren Vordersitzen auch eine Klimaanlage zum Lieferumfang gehört. Nur ist es schwierig, mit den dafür vorgesehenen Bedienelementen zuverlässig die der Außentemperatur angemessene Balance zwischen Gradzahl, Lüftungsrichtung, Scheibenklarheit und Wohlbefinden der Insassen zu finden.

Anstrengungen lässt sich der Motor kaum anmerken, auch bei Autobahntempo jenseits von 120 km/h macht sich eher Fahrtwind als Diesel-Schnurren bemerkbar. Nur sollte man nicht allzu oft mit dieser Geschwindigkeit unterwegs sein, sonst merkt man es im Portemonnaie. Trotz zurückhaltender Fahrweise und einem Überlandanteil der Teststrecke von etwa 40 Prozent betrug der Testverbrauch 10,8 Liter je 100 Kilometer. Für ein Auto, das mit acht Liter aus dem EU-Prüfstandtest kam, ist das deutlich überm Durst.

Fazit: Warum nicht mal was anderes? Eine gemessen am Preis vielseitige Ausstattung, Robustheit und Geländetauglichkeit sprechen für den Ssang Yong. Auch die Tatsache, dass er jede Anbiederung an Trucker-Romantik und Wildwest-Gehabe vermeidet. Kleine Holperigkeiten sind verzeihlich, die mangelnde Nutzlast und der hohe Verbrauch wiegen schwerer. Doch eine Basis ist geschaffen. Gut möglich, dass der Ssang Yong Actyon Sports mit der nächsten Generation zu einem ernst zu nehmenden Mitspieler im Pick-Up-Segment wird.

DATENBLATTSsang Yong Actyon Sports
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,99 m/ 1,91 m/ 1,79 m
Radstand3,06 m
Leergewicht (DIN)2110 kg
Sitzplätze5
Zuladung630 kg
Laadehöhe77 cm
Ladebreite zw. Radhäusern116 cm
Zulässiges Gesamtgewicht2740 kg
EmissionsklasseEU 5
Motor/HubraumViertakt-Turbodiesel-Direkteinspritzer mit 1998 ccm
GetriebeSechsgang-Automatik
Leistung155 PS (114 kW) bei 4000 U/min
KraftstoffartDiesel
Räder und Reifen16 x 7 R / 255/75
Höchstgeschwindigkeit180 km/h
max. Drehmoment360 Nm bei 1500 - 2800 U/min
Tankinhaltk.A.
Beschleunigung 0-100 km/h11,1 s
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)6,8/ 10,2/ 8,0
Testverbrauch10,8 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
212 g/km
Grundpreis28.490,00 Euro
Preis des Testwagens30.490,00 Euro

Quelle: ntv.de

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