Panorama

Ratlosigkeit, nicht nur in Drage Als Schulzes einfach verschwanden

Das Haus der Familie ist seit zwei Jahren verlassen.

Das Haus der Familie ist seit zwei Jahren verlassen.

(Foto: picture alliance / dpa)

730 Tage sind vergangen, seit die Familie Schulze aus Drage vermisst gemeldet wurde, 17.520 Stunden, zwei Jahre. Lediglich die Leiche des Familienvaters wird gefunden, von Sylvia und Miriam Schulze fehlt noch immer jede Spur.

Es ist wie vor zwei Jahren. Im kleinen Ort Drage an der Elbe beginnen wie überall in Niedersachsen die Sommerferien. Die Kinder, die mit Miriam Schulze in einer Klasse waren, werden versetzt oder auch nicht. Zwei Jahre geht ihr Leben bereits weiter, während ihre Mitschülerin einfach verschwand. Und mit ihr ihre Mutter Sylvia und zunächst auch ihr Vater Marco.

Marco Schulze wird Ende Juli 2015 tot aus der Elbe geborgen, an seinem Körper hängt noch das 25 Kilogramm schwere Baustellengewicht, mit dem er wohl von einer Brücke in Lauenburg ins Wasser gesprungen ist. Nach der Untersuchung der Leiche, bei der sein Tod durch Ertrinken festgestellt wird, schließen die Ermittler Fremdeinwirkung aus. Im Umkehrschluss heißt das, Marco Schulze hat Suizid begangen.

Doch was ist mit Sylvia und Miriam Schulze? Die Polizei weiß es nicht. Anfang Juli wurde die bislang letzte Spur in dem Fall abgearbeitet. Eine Spaziergängerin hatte im Mai in der Nähe des Hauses der Familie eine Jeans und einen Stern aus Plastikperlen gefunden. Doch die DNA-Untersuchung im Landeskriminalamt ergab, dass die Kleidung "definitiv nicht Schulzes" gehörte, sagt der Pressesprecher der Polizei, Torsten Adam, n-tv.de.

Jetzt ein Vermisstenfall

Damit ist jeder einzelne der in den vergangenen zwei Jahren eingegangenen 200 Hinweise ausermittelt. Sogar die Ideen von Hellsehern und Hobbydetektiven hat man berücksichtigt. Zwei Mal wurde der Fall in der Fernsehsendung "Aktenzeichen xy, ungelöst …" behandelt. Die Konten der Familie wurden durchforstet, ebenso wie die Handydaten, wochenlang durchsuchten Beamte mit Spürhunden die Gegend südöstlich von Hamburg, befragten Kollegen, Freunde und Familienmitglieder. Eine Spur führt zum Seppenser Mühlenteich bei Buchholz, 50 Autominuten von Drage entfernt, und verliert sich dort. Finanzielle Probleme, eine Ehekrise oder eine schwere Krankheit – keiner dieser Ansätze lieferte wirklich eine Erklärung für das, was der Familie widerfahren sein könnte.

Aus einer kleineren Ermittlungsgruppe wurde zunächst die vielköpfige "Soko Schulze" und später wieder eine Ermittlungsgruppe. Doch selbst die wurde inzwischen aufgelöst. "Es gibt derzeit keinen Ansatz, irgendetwas zu ermitteln", sagt Polizeisprecher Adam. Lediglich der Vermisstenfall Schulze ist nicht geschlossen und wird es nicht. "Sollte es neue Erkenntnisse geben, wird der Fall wieder aufgerollt."

Dass Miriam und Sylvia Schulze noch leben, glaubt inzwischen kaum noch jemand. Noch immer ist die plausibelste Erklärung in dem Kriminalfall, dass Vater Marco zunächst seine Frau und sein Kind tötete und ihre Leichen an einem unbekannten Ort verbarg, bevor er Selbstmord beging. Dass die Leichen nicht gefunden wurden, passt jedoch nicht ganz zum Tatmuster des erweiterten Suizids, wie Kriminologen diese Taten nennen. Marco Schulze galt als fürsorglicher Vater, als ruhiger Mensch. Sylvia Schulze hatte demnach das feurigere Temperament. Vielleicht war es doch ganz anders.

Sollten Mutter und Tochter nicht wieder auftauchen oder ihre Leichen zufällig gefunden werden, könnte Sylvia Schulze erst in acht Jahren für tot erklärt werden. Bei Miriam, die bei ihrem Verschwinden erst zwölf war, beginnt die Zehn-Jahresfrist erst nach ihrem 18. Geburtstag. Um den zurückgelassenen Besitz kümmert sich inzwischen ein Anwalt, die Autos der Familie wurden verkauft. Nur das Haus in Drage steht noch immer so, wie am Tag des Verschwindens.

Quelle: ntv.de

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