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Mit gutem Vorbild voranKlimaschutz von Politikern

13.02.2007, 09:15 Uhr

In Politik, Wissenschaft und Verbänden wächst der Druck, das Autofahren und den Flugverkehr sauberer zu machen oder bei Reisen anderweitig für einen Klimaschutz-Ausgleich zu sorgen.

In Politik, Wissenschaft und Verbänden wächst der Druck, das Autofahren und den Flugverkehr sauberer zu machen oder bei Reisen anderweitig für einen Klimaschutz-Ausgleich zu sorgen. So forderte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) am Montag, Spritverbrauch und Abgaswerte stärker zu senken als von der EU-Kommission und der deutschen EU-Präsidentschaft vorgesehen. Die Fluggesellschaften seien so in den Emissionshandel mit Kohlendioxid (CO2)-Zertifikaten einzubeziehen, "dass Fliegen deutlich teuer wird", sagte Beiratsmitglied Margareta Kulessa (Fachhochschule Mainz) bei Vorlage eines Arbeitspapiers.

Die Grünen legten ein Sieben-Punkte-Papier zur Verringerung von Auto-Schadstoffen und Spritverbrauch vor, in dem neben einem allgemeinen Autobahn-Tempolimit von 120 Stundenkilometern auch die Umstellung der Kfz-Besteuerung vom Hubraum auf den Schadstoff-Ausstoß gefordert wird. Zu diesem auch von der großen Koalition verfolgten Vorhaben kündigte Umweltstaatssekretär Matthias Machnig an, dass bereits im Frühjahr ein Eckpunktepapier vorliegen soll. Danach werde ein Gesetzentwurf folgen, sagte er im RBB-Inforadio.

Umweltpolitiker der Union wollen ungeachtet der Ablehnung durch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Autoverkehr in den CO2-Emissionshandel einbeziehen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte das als zu kompliziert bezeichnet. Im Zusammenspiel mit der EU-Kommission wurde kürzlich für 2012 eine Absenkung des Abgas-Grenzwertes auf 120 Gramm je Kilometer festgelegt. Der Wissenschaftliche Beirat forderte die Bundesregierung und die EU-Kommission darüber hinaus jetzt auf, weitere Abbaustufen festzulegen: auf 100 Gramm bis 2015 und 80 Gramm bis 2020.

Der Berliner CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger forderte kostenloses Parken für die klimafreundlichen Hybrid-Autos. Zugleich setzten die CDU-Umweltpolitiker eine erhöhte Zielmarke für den Ausbau erneuerbarer Energien am Stromverbrauch: Bis 2020 solle er auf mindestens 25 Prozent steigen. Im Koalitionsvertrag mit der SPD waren 20 Prozent ausgehandelt.

Unterdessen will sich die gesamte Bundesregierung bei Flug- und sonstigen Dienstreisen an dem von Gabriel vorgeschlagenen Klimaschutz-Ausgleich beteiligen. Das bestätigte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Ein Grundsatzbeschluss solle am Mittwoch im Kabinett fallen, sagte Gabriels Sprecher Michael Schroeren. Die Einzelheiten würden dann in den kommenden Wochen mit den einzelnen Ressorts festgelegt. Hinter dem Vorschlag steht die Idee, die bei diesen Reisen entstehenden Treibhausgase an anderer Stelle einzusparen, zum Beispiel durch entsprechende Anlage-Investitionen in Afrika. Gabriel forderte die Bürger auf, ebenfalls eine Entschädigung für Klimasünden zu zahlen. Er selbst wolle für Urlaubsflüge über www.atmosfair.de einen Ausgleich zahlen.

Wie die Umweltpolitiker der SPD fordern auch die Grünen eine verschärfte Besteuerung Sprit fressender Dienstwagen. "Generell ist maximal der Wert solcher Automobile zu begünstigen, die einen Ausstoß von 140 Gramm ab 2008 unterschreiten", heißt es im Vorstandsbeschluss der Grünen. Zugleich müsse die Bundesregierung für ihren eigenen Bereich und nachgeordnete Behörden "verbindlich festlegen, dass nur noch verbrauchsarme Pkw beschafft werden". Wie die SPD wollen auch die Grünen und der Verkehrsclub Deutschland die Kennzeichnungspflicht für den Spritverbrauch und die CO2-Emissionen verstärken und damit den Verbrauchern bessere Preisvergleichsmöglichkeiten bieten.

Zur Abwendung globaler Klimakatastrophen forderte der Beirat, alles zu tun, um den globalen Temperaturanstieg um zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. "Bei Erwärmung über zwei Grad Celsius hinaus würden wahrscheinlich Extrem-Ereignisse wie Überflutungen, Hitzewellen oder Tropenstürme ein tolerables Maßüberschreiten." Die EU müsse vorangehen mit einer Verringerung der Treibhausgase bis 2020 um 30 Prozent, Deutschland mit 40 Prozent. Der Klimaschutzprozess müsse von der EU sowie den führenden acht Industrieländern in einem Bündnis mit den wichtigen Schwellenländern Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika vorangebracht werden.