Keine OP notwendigOhne Sehhilfe scharf sehen
Scharf sehen ohne Brille, Kontaktlinsen oder einen Lasereingriff. Das wünschen sich viele. Abhilfe sollen so genannte Nachtlinsen schaffen. Tagsüber wird dann keine Sehhilfe mehr benötigt.
Jenny ist kurzsichtig. Darum trägt sie Kontaktlinsen. Doch gerade die bereiten ihr Probleme. Wenn es draußen staubig ist, wie zum Beispiel beim Vorbeigehen an einer Baustelle, fangen ihre Augen an zu tränen. Darum sucht die Studentin nach einer Alternative. Eine Brille möchte sie nur in der Uni tragen. In der Freizeit oder beim Ausgehen kommt das für sie nicht in Frage.
Eine Laseroperation ist für sie ein zu schwerwiegender Eingriff. Doch jetzt hat sie von einer Methode gehört, wie sie ohne Sehhilfe auskommen kann - zumindest tagsüber. Nachtlinsen sollen her. Um zu klären, ob ihre Augen dafür geeignet sind, sucht sie ihren Augenarzt auf. "Im Prinzip setzt man in der Nacht eine etwas zu flache, harte Kontaktlinse aufs Auge. Das Auge wird platt gedrückt und die Hornhaut wird dadurch in der Krümmung verringert", erklärt Augenarzt Matthias Holt. Etwa zwei bis vier Dioptrien lassen sich so ausgleichen."
Druck auf die Hornhaut
Bei der routinemäßigen Untersuchung des Augendrucks bekommt Jenny schon einen ersten Eindruck, wie sich das anfühlt, wenn etwas auf die Hornhaut drückt. Dennoch will sie es auf einen Versuch ankommen lassen und geht zu einem Optiker, der sich auf Nachtlinsen spezialisiert hat. Voraussetzung ist, dass das Auge ganz gesund ist. Der Optiker führt verschiedene Test durch, misst die Sehstärke und die Krümmung der Hornhaut, da auch bei einer zu stark gekrümmten Hornhaut die Linsen nicht funktionieren.
Bei Jenny liegt eine Kurzsichtigkeit von 1,25 bis 1,5 Dioptrien vor. Der Optiker geht davon aus, dass bereits nach zwei bis drei Nächten mit eingesetzten Linsen Jenny tagsüber keine Sehhilfe mehr benötigt. Doch das Tragen in der Nacht beim Schlafen birgt Gefahren. "Im Gegensatz zu harten Kontaktlinsen, die wir tagsüber tragen, besteht nachts die Möglichkeit, dass sich unter der Linse Bakterien sammeln und gedeihen", so Holt.
Neue Materialien
Nachtlinsen gibt es schon seit Jahrzehnten .Ihre Tragbarkeit hat sich jedoch erst dank neuer Materialien, die sauerstoffdurchlässiger sind, in den vergangenen Jahren verbessert. Jenny hat sich trotzdem für einen Versuch entschieden. Eigentlich hatte sie erwartet, dass sie die Linsen zunächst stören würden oder schmerzhaft wären. Doch dadurch, dass sie vorher bereits Kontaktlinsen getragen hat, merkte sie kaum einen Unterschied: "Es hat sich ganz normal angefühlt, wie normale Tageslinsen, die man einfach eine Nacht drin lässt."
Funktioniert hat es bei Jenny vom ersten Tag an. Nachts die Linsen rein, tagsüber ohne Sehhilfe scharf sehen. Anfangs lässt die Wirkung bereits am Abend nach, doch je länger man die Linsen trägt, desto länger wirken sie. Das bestätigt auch eine Studie der Fachhochschule für Augenoptik in Köln. Rund die Hälfte der Probanden musste die Linsen sogar nur jede zweite Nacht tragen.
20 Prozent Ausfallquote
Dennoch setzten viele der Testpersonen die Linsen wieder ab. "Es gibt drei Gründe, warum wir eine Ausfallquote von etwa 20 Prozent haben", erläutert Optiker Thorsten Bauch. " Das ist erstens das Fremdkörpergefühl der Kontaktlinse, dass die Linse zu sehr gespürt wird. Zweitens das Nachtsehen, das nicht zufriedenstellend ist. Drittens: Die Fehlsichtigkeit wird nicht zu 100 Prozent korrigiert."
Ein weiterer Grund könnte im Preis liegen. Die Nachtlinsen kosten rund 750 Euro pro Jahr. Im Vergleich dazu schlagen normale Kontaktlinsen mit 300 bis 400 Euro zu Buche. Am preiswertesten ist die Brille.