Fußball

Sechs Dinge, die wir am 11. Spieltag gelernt habenGuardiola nebulös, Lewandowski eiskalt

04.11.2013, 12:26 Uhr
imageVon Christian Bartlau und Stefan Giannakoulis
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"Ich muss mein Konzept korrigieren": Bayerns Trainer Josep Guardiola und Spieler Franck Ribéry. (Foto: imago sportfotodienst)

Während der BVB mit seinem Hochgeschwindigkeitsfußball durch die Bundesliga rauscht, verzweifelt Bayerns Trainer Guardiola am eigenen Konzept. Derweil zeigen die Schalker tatsächlich so etwas wie Stabilität.

1. Die Bayern können überfordert sein - von sich selbst

Den Spielern und Verantwortlichen des FC Bayern München kann man im Moment schwerer eine Freude machen als einer verwöhnten Göre zu Weihnachten. Da stellen sie den Rekord ein, sind nun seit 36 Spielen in der Fußball-Bundesliga ungeschlagen, aber die Polonaise bleibt aus. Philipp Lahm musste als Kapitän nach diesem elften Spieltag ein staatstragendes Statement abgeben, das war es dann: "Es ist natürlich schön, dass man Fußballgeschichte schreibt." Weil in der Fußballgeschichtsschreibung aber vor allem Titel lobende Erwähnung finden, sind die Bayern noch weit von einer erfolgreichen Saison entfernt. So weit wie von einer klaren Spielidee gegen Hoffenheim. Die taktischen Vorgaben von Pep Guardiola waren offenbar nicht angekommen. Schon in der Halbzeit versuchte es der Trainer mit einer Änderung. Lahm rückte von der rechten Seite wieder auf die Sechs. Die Abstimmungsprobleme blieben. Das brachte Guardiola ins Grübeln: "Ich muss mein Konzept korrigieren", sagte er nebulös. Ob er zu trösten gewesen wäre mit dem Hinweis auf einen Rekord? Die ersten elf Spiele als Bayern-Trainer ungeschlagen, das hat noch keiner geschafft. Das Triple im ersten Jahr übrigens auch nicht.

2. Lewandowski zeigt: Geld schießt wieder Tore

Und prompt ist er wieder der Beste. Dreimal traf Robert Lewandowski für Borussia Dortmund gegen den VfB Stuttgart, und schon führt der polnische Nationalspieler mit neun Treffern die Torschützenliste der Fußball-Bundesliga an. Neun von 31 Toren, die der BVB in bisher elf Saisonspielen erzielt hat. Der Mann ist ein Phänomen. Unendlich lange zog sich das Schmierenstück um einen Wechsel zur Konkurrenz nach München in die Länge. Er wollte weg, durfte aber nicht, weil der BVB das tat, was in der Branche längst unüblich scheint - der Verein beharrte darauf, dass der Spieler seinen bis zum Sommer laufenden Vertrag erfüllt. Was sie allerdings nicht davon abhielt, ihm für seine letzte Saison in Dortmund üppig das Gehalt zu erhöhen. Inklusive Siegprämien sollen das bis zu fünf Millionen Euro sein. Offenbar die richtige Medizin für den wechselkranken Torjäger. Lewandowski schießt unbeeindruckt seine Tore - als eiskalter Vollstrecker an der Spitze des Dortmunder Hochgeschwindigkeitsfußballs. Insgesamt sind es nun 60 in 106 Spielen für den BVB. Der Klub ist so der Gegenentwurf zum Münchner Tiki-Taka-Ballbesitzfußball. Und der einzige ernsthafte Konkurrent im Kampf um den Titel. Lewandowski sagt: "Ich fühle mich derzeit richtig gut und will mit dem BVB möglichst alle Titel holen." Als wäre nichts gewesen.

3. Braunschweig ist keine B-Ware

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Wieder in der Verlosung: Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht und seine Eintracht. (Foto: imago sportfotodienst)

Es spricht viel dafür, dass Sami Hyppiä sich verzockt hat. Beim Gastspiel seiner Leverkusener in Braunschweig ließ er sein Stammpersonal in der Offensive auf der Bank, statt Stefan Kießling, Sidney Sam und Heung-Min Son standen Eren Derdiyok, Jens Hegeler und Robbie Kruse in der Startelf. Nach der Niederlage weiß auch der Trainer: Das war wohl keine so gute Idee. Nicht gegen Braunschweiger, die zwar immer noch auf dem letzten Platz der Tabelle stehen, aber erneut gezeigt haben, dass sie keine B-Ware sind, die so einfach abzuräumen ist. Oder wie Leverkusens Sportchef Rudi Völler es formulierte: "Tja, ein schwarzes Wochenende, ne." Das sehen sie bei der Eintracht anders. Der Aufsteiger hat nach dem Sieg in Wolfsburg nun den ersten Heimerfolg in dieser Saison eingefahren. Und den ersten Erstligaheimsieg seit mehr als 28 Jahren. Wie die Deutsche Presseagentur ausrechnete, haben die Fans exakt 10.410 Tage darauf gewartet. Und das erklärte Ziel Relegationsplatz ist nur noch einen Punkt entfernt. Kurzum: Sie haben den Anschluss gefunden. Davon war Braunschweigs Präsident Sebastian Ebel so beseelt, dass er sich nach der Partie das Mikrofon schnappte und Trainer Torsten Lieberknecht vor versammelter Journalisten-Schar eine Liebeserklärung machte: "Lieber Torsten, ich danke dir und der Mannschaft für diesen Einsatz und die unbändige Leidenschaft. Es ist einfach irre, was ihr leistet."

4. Tatsachenentscheidungen sind nicht in Stein gemeißelt

"Schiedsrichter Dr. Felix Brych traf eine unanfechtbare Tatsachenentscheidung." Mit dieser Begründung wies das DFB-Sportgericht am vergangenen Montag Hoffenheims Einspruch gegen das "Phantomtor" ab. Eine Tatsachenentscheidung traf auch Schiedsrichter Florian Meyer an diesem Freitag in Dortmund. Zweikampf zwischen dem Stuttgarter Timo Werner und Kevin Großkreutz, Werner fällt - und Meyer pfeift Elfmeter. Doch er erhält den Hinweis seiner Assistenten, dass sie kein Foul gesehen haben, und nimmt die Entscheidung zurück. Der Einspruch der Kollegen kommt übrigens über Funk - also mit einem dieser technischen Hilfsmittel, die der organisierte Fußball so ungern sieht. Wir dagegen sehen es mal ganz pragmatisch: Wenn ein Assistent per Knopfdruck eine Tatsachenentscheidung korrigieren kann, dann kann das doch auch ein Computerprogramm, das die Torlinie überwacht, oder?

5. Oliver Baumann ist unser Mann des Wochenendes

Dreimal hatte er am zehnten Spieltag gegen den Hamburger SV gepatzt. Und weil Oliver Baumann nun einmal Torhüter ist, waren seine Fehler von daher fatal, als dass der Gegner alle drei nutzte und die Partie mit 3:0 gewann. "Das wird mich stärker machen", hatte der Freiburger kurz nach seinem Alptraumspiel prognostiziert, als er sich tapfer den Fernsehkameras stellte. Gesagt, getan. An diesem Wochenende war er wieder so gut, wie er es normalerweise ist. Und der SC Freiburg gewann beim 1. FC Nürnberg mit 3:0. Es war der erste Sieg in dieser Saison. Auch weil Baumann alle 20 Schüsse parierte, die der Gegner auf sein Tor abgab. "Herausragend", fand nicht nur sein Trainer Christian Streich diese Leistung. "Oli hat alles ausgeblendet, aber dass er so gut hält, war nicht selbstverständlich." Abgesehen davon waren sich die Freiburger nicht zu schade zuzugeben, dass insgesamt auch etwas Glück im Spiel war.

Die Nürnberger, die mindestens sechs Großchancen vergaben, und Gertjan Verbeek dürfte das wenig trösten. Der neue Trainer dürfte nun einen Eindruck davon haben, wohin es ihn verschlagen hat. Als er sich mit seinen Spielern in Richtung Fankurve aufmachte, schlug ihnen dort die blanke Wut entgegen. Raphael Schäfer wollte reden, die aufgebrachten Ultras aber nicht. Daraufhin schleuderte der Torhüter seine Kapitänsbinde zu Boden. Verbeek wusste nicht, wie ihm geschah. "Ich verstehe, dass die Fans sauer sind, das sind wir auch. Ich hoffe, dass wir das Vertrauen zurückholen können." Einfach wird das nicht.

6. Schalke kann stabil

Ein 1:3 im Derby gegen Dortmund, davor ein 0:3 gegen Chelsea in der Champions League - die Zeichen standen schon wieder auf Krise in Gelsenkirchen. Doch im schweren Auswärtsspiel beim starken Aufsteiger Hertha BSC zeigte Schalke 04 wieder Mumm, auch wenn spielerisch wenig Klasse zu sehen war. Das war aber Nebensache. "Nach dem Derby waren wir sehr enttäuscht. Heute haben wir eine Reaktion gezeigt, kämpferisch und läuferisch überzeugt", sagte Kapitän Benedikt Höwedes. Mit 17 Punkten schließt Schalke so zum "Best of the rest" auf, zu Borussia Mönchengladbach auf Rang vier (19 Punkte). Doch nicht nur in der Liga, auch in der Champions League will Königsblau im Geschäft bleiben. Auf der Fahrt nach London helfen die drei Punkte im Gepäck, verrät die forsche Ansage von Kevin-Prince Boateng: "Wir fahren da nicht hin und sagen: 'Männer, 0:3 wäre okay.' Ein Punkt ist das Minimum", sagte Boateng und forderte: "Wir müssen in London die Null halten!" Ein Garant könnte der in Berlin starke Timo Hildebrand sein: Er hielt zum 100. Mal in der Bundesliga seinen Kasten sauber.

Quelle: ntv.de