Wirtschaft

Kampf der GigantenWer erbt die Schlecker-Kunden?

07.05.2012, 22:34 Uhr
s
Schlecker-Konkurrenz auf Kundenfang (Foto: picture alliance / dpa)

Es kommt nicht oft vor, dass einer Branche der Marktführer wegbricht: Kein Wunder, dass sich nach der Schlecker-Pleite die Konkurrenten die Hände reiben. Es gilt, Millionen "neuer" kunden für sich zu gewinnen. Doch nicht nur dm und Rossmann könnten Experten zufolge von der enormen Kundenwanderung profitieren.

Es ist wie beim Onkel, der im Sterben liegt: Die Familie schaut schon einmal in den Schrank, was es zu erben gibt. Das wertvollste Erbe am insolventen Drogeriekonzern Schlecker-Konzern sind der Umsatz (2011 noch angeblich 4,3 Mrd. Euro) und die Millionen Kunden, die es neu zu verteilen gilt, sollte Schlecker nicht doch noch einen finanzkräftigen Investor finden. Es kommt nicht oft vor, dass einer Branche der Marktführer wegbricht. Vom Niedergang des Konkurrenten profitieren die Drogerieketten dm und Rossmann, doch auch Lebensmittelhändler wie Rewe und Edeka, Discounter wie Lidl und Aldi bekommen einen Anteil ab - das sagten Experten auf einer Fachtagung "Drogeriemärkte im Umbruch".

Der Kampf um die Schlecker-Kunden werde zum Teil durch kurze Wege entschieden, meinte Ralf Weustermann von der Marktforschungsfirma Nielsen. "Es gibt einen erkennbaren Anteil an Shoppern, für die Nähe ein Kriterium ist." Innerhalb von 400 Metern rund um die 2200 geschlossenen Schlecker-Filialen findet sich 600 mal ein Verbrauchermarkt, 950 mal eine andere Drogeriekette und 2000 mal ein Lebensmitteldiscounter.

Die Umsätze mit Drogeriewaren auf anderen Vertriebswegen haben messbar angezogen. Selbst Aldi oder Penny hübschen mittlerweile die Regale für Körperpflegemittel auf. Doch werden die Kunden künftig vermehrt ihr Duschgel und ihre Zahnpasta zusammen mit Wurst und Gemüse im Lebensmittelhandel kaufen?

Körperpflege gegen Reinigungsmittel

So einfach ist es nicht. Gerade bei der Körperpflege, die die Hälfte der Drogeriewarenumsätze ausmache, sei die Markentreue hoch, erklärte Professor Thomas Roeb von der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg. Doch die Discounter setzten weder auf Marken, noch könnten sie die bei den Kundinnen gefragte Beratung leisten. Also werde der Weg eher zu anderen Drogeriemärkten führen.

"Beim sehr gewichtigen Segment Körperpflege werden die Drogeriemärkte als Sieger hervorgehen", gab sich auch GfK-Konsumforscher Wolfgang Adelwarth in der Zeitschrift "Lebensmittel Praxis" überzeugt. "Bei Putz-, Wasch- und Reinigungsmitteln werden eher die Discounter und SB-Warenhäuser gewinnen."

"Beide Ketten wachsen weiter"

Dass der kranke Erbonkel Schlecker noch einmal zu Kräften kommen sollte, schien den Experten unwahrscheinlich. "Ich weiß nicht, wer Schlecker eigentlich übernehmen soll", sagte Roeb. "Das muss ein Optimist sein." Selbst eine Rettung durch Investoren werde das Aus nur verzögern. Die einstige Stärke von Schlecker, nämlich der billige Einkauf, sei verloren. Mittlerweile sei der Einkauf so klein, dass er keinen Vorteil mehr biete, sondern sich zu einem Handicap entwickele, erklärte der Experte.

Den anwesenden Lieferanten riet Roeb deshalb, alle Vertriebswege zu bedienen und sich mit beiden Drogeriemarktführern dm und Rossmann gutzustellen. Bei Rossmann, der Nummer zwei, sei die Kostenstruktur allerdings ungünstiger als bei dm. Deshalb dürfte die Kette eher geneigt sein, Druck an die Lieferanten weiterzugeben. dm hat im ersten Geschäftshalbjahr 2011/12 den Umsatz auf 3,3 Mrd. Euro gesteigert. Rossmann knackte 2011 erstmals die Marke von 5 Mrd. Euro Umsatz.

Beide Ketten dürften weiter wachsen, sagte der Forscher. Und dann? "In weniger als zehn Jahren wird es zu einem heftigen Kampf zwischen dm und Rossmann kommen, für den Rossmann meiner Meinung nach nicht optimal aufgestellt ist."

Quelle: ntv.de, Friedemann Kohler, dpa